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Einführung in die Weisheit der Kabbala (Pticha), Punkt 1-9

 

1) Rabbi Chananja ben Akashja sagte: “Der Schöpfer wollte Israel reinigen, also gab Er ihnen die Tora und die Gebote - Tora und Mizwot.[1]” Es ist bekannt, dass das Wort Sechut[2] (Verdienst) von  Hisdachechut (Reinigung) abstammt.

Im Midrasch “Bereschit Rabba” steht: “Die Gebote sind nur gegeben, damit sich Israel mit deren Hilfe reinigt”. Hieraus sind zwei Fragen zu begreifen:

·           Was ist dieses Vorrecht, dessen wir durch Tora u. Mizwot für würdig befunden werden?

·           Was ist die Awiut, die Unreinheit in uns, die wir mit Hilfe von Tora u. Mizwot reinigen müssen?

Darüber haben wir bereits in den Büchern “Panim Masbirot” und “Talmud Esser haSfirot” gesprochen. Lasst uns das kurz zusammenfassen. Machshewet haBrija – der Hauptgedanke der Schöpfung bestand darin, den Geschöpfen Freude zu bereiten. Er ist ein aus der freigiebigen Hand des Schöpfers gewährtes Geschenk. Daher wurde ein riesiges Verlangen und ein ungeheurer Wille in die Seelen (Neshamot) eingeprägt, diese Fülle (Shefa) - das Licht des Schöpfers - zu empfangen. Das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) ist ein Gefäß (Kli) zum Empfang des in Shefa enthaltenen Genusses, denn in dem Maße, wie groß und gewaltig das Verlangen Shefa zu empfangen (Razon lekabel) ist, genauso können Genuss und Freude (Ta´anug, enthalten in Shefa) in das Gefäß (Kli) eindringen, nicht mehr und nicht weniger. Diese Begriffe sind so eng miteinander verbunden, dass es unmöglich ist, sie zu trennen. Es ist nur möglich, auf ihre Beziehung hinzuweisen, dass sich die Freude Ta´anug auf die Fülle Shefa bezieht, wohingegen das gewaltige Verlangen, Shefa zu empfangen (Razon lekabel) sich auf das empfangende Geschöpf (Niwra ha mekabel) bezieht.

Diese beiden Begriffe gehen unbestreitbar vom Schöpfer - Bore Itbarach aus und sind im Schöpfungsgedanken - Machshewet haBrija eingeschlossen. Jedoch, während die Fülle unmittelbar aus Azmuto Itbarach (Wesen des Schöpfers, Licht des Schöpfers) ausströmt, das heißt als Existierendes aus dem Existierenden entsteht (Jesh mi Jesh), ist das darin eingeschlossene Verlangen zu empfangen - Razon lekabel die Wurzel der Geschöpfe. Das heißt, es ist die Wurzel für die neue Entstehung als Existierendes aus dem nicht Existierenden (Jesh mi Ajn). Denn Azmuto Itbarach kann selbstverständlich keine Spur des Verlangens zu empfangen (Razon lekabel) besitzen. In keinem Fall.

Daher gilt dieses Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) als die Essenz der Schöpfung, von Anfang bis Ende - das “Grundmaterial”, aus dem die Schöpfung gemacht ist. Alle unzähligen Arten von Geschöpfen, die schon entdeckt oder noch zu entdecken sind, unterscheiden sich nur hinsichtlich ihrer “Portion” an Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) und sind lediglich Veränderungen in diesem Verlangen zu empfangen. Alles, was diese Geschöpfe in sich haben, das heißt alles, was sich in diesem in ihnen eingeprägten Verlangen zu empfangen ereignet,  kommt unmittelbar von Azmuto Itbarach als Existierendes aus dem Existierenden (Jesh mi Jesh). Es hat mit dieser neu entstandenen Schöpfung als Existierendes aus dem nicht Existierenden (Jesh mi Ajn) nichts zu tun. Also kommt alles, was um uns herum existiert, wirklich aus dem Schöpfer, entweder direkt und unmittelbar als Fülle oder mittelbar wie z.B. das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel), das nicht im Schöpfer selbst zu finden ist, sondern von Ihm zum Zweck des Erfreuens seiner Geschöpfe geschaffen wurde als Existierendes aus dem Existierenden (Jesh mi Jesh).

 

2) Wie schon erwähnt, ist das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) ursprünglich im Schöpfungsgedanken (Machshewet ha Brija) eingeschlossen, in all seiner Vielfalt der Bestandteile und deren Kombinationen. Dieses Verlangen wurde untrennbar mit der gewaltigen Fülle (Shefa) verknüpft, die der Schöpfer uns zum Vergnügen bereitet hat. Und wisse, dass dies das Geheimnis von Licht (Or) und Gefäß (Kli) ist, die wir in den höheren spirituellen Welten (Olamot ha Elijonim) unterscheiden. Das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) ist das Gefäß, während die Fülle (Shefa) das dieses Gefäß füllende Licht ist. Sie sind untrennbar miteinander verbunden und die einzigen Bausteine der spirituellen Welten. Zusammen steigen sie von oben herab, Stufe für Stufe. Und in dem Maße, wie die Stufen von Seinem Licht (Or Azmuto Itbarach) während des Abstiegs entfernt werden, genau in diesem Maß wird das in der Fülle Shefa eingeschlossene Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) verwirklicht (d.h. es wird größer und gröber).

Man kann ebenfalls das Gegenteil sagen: So wie das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) größer wird, steigt es Stufe für Stufe ab und entfernt sich vom Schöpfer, bis zur tiefsten Stelle, wo Razon lekabel das maximale Ausmaß erreicht. Dieser Zustand wird als wünschenswert und notwendig für den Anfang des Aufstiegs, das heißt der Korrektur, betrachtet. Diese Stufe wird als Olam Assija definiert. Und das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) wird als der Aspekt „Körper des Menschen“ (Gufo shel Adam) definiert. Und das Licht Shefa wird als Maßeinheit für „das Leben, das im Körper ist“ (haChajim she ba Guf) definiert.

Dasselbe gilt ebenfalls für alle restlichen Geschöpfe in dieser Welt Olam ha Se. Der Unterschied zwischen den höheren spirituellen Welten (Olamot ha Elijonim) und dieser Welt Olam ha Se besteht darin: Solange das in Shefa eingeschlossene Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) sein endgültiges Ausmaß noch nicht erreicht hat, gehört es zu den spirituellen Welten, die höher sind als diese Welt Olam ha Se. Nachdem das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) seinen endgültiges Ausmaß erreicht, gehört es zu dieser Welt Olam ha Se.

 

3) Die gerade beschriebene absteigende Ordnung (Hishtalshelut), das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) zu seiner Endform in dieser Welt Olam ha Se zu entwickeln, ist in vier Aspekte (Dalet Bchinot) eingeteilt. Diese Ordnung ist im Geheimnis des vierbuchstabigen Namens des Schöpfers einkodiert. Das Universum unterliegt der Ordnung dieser vier Buchstaben HaWaJaH - Jud-Hej-Waw-Hej (der unaussprechbare vierbuchstabige Name des Schöpfers), ohne jegliche Ausnahme. Diese Buchstaben kommen in den 10 Sfirot zum Ausdruck: Chochma, Bina, Tiferet (oder Seir Anpin), Malchut und deren Wurzel. Das sind die 10 Sfirot. Warum zehn? Weil Sfira Tiferet selbst noch 6 Sfirot enthält: Chessed, Gwura, Tiferet, Nezach, Hod und Jessod. Die Wurzel (Shoresh) dieser Sfirot heißt Keter (Krone), oft aber wird sie nicht mitgezählt, daher werden sie einfach CHuB TuM (Chochma und Bina, Tiferet und Malchut) genannt.

Diese Dalet Bchinot (Aspekte) entsprechen den vier Welten (Dalet Olamot): Azilut, Brija, Yezira und Assija. In die Welt Olam Assija ist auch unsere Welt Olam ha Se eingeschlossen. Es gibt kein einziges Geschöpf in dieser Welt Olam ha Se, dessen Wurzel nicht in der Welt der Unendlichkeit Ejn Sof Baruch Hu liegt, das heißt in dem Schöpfungsgedanken Machshewet ha Brija. Dieser Schöpfungsplan ist das Verlangen des Schöpfers, Seine Geschöpfe glücklich zu machen und schließt unverbrüchlich beides, Licht und Gefäß (Or we Kli) ein, das heißt ein gewisses Maß von der Lichtfülle einschließlich des Verlangens, diese Lichtfülle zu Empfangen (Razon lekabel). Diese Lichtmenge kommt dabei unmittelbar aus dem Schöpfer, Azmuto Itbarach als Existierendes aus dem Existierenden (Jesh mi Jesh), während das Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) als Existierendes aus dem nicht Existierenden (Jesh mi Ajn), das heißt aus Nichts ganz neu erschaffen worden ist (Creatio ex Nihilo).

Damit das Verlangen zu empfangen (Razon lekabel) seine endgültige Entwicklung erreicht, muss es zusammen mit der Lichtfülle Shefa durch die vier Welten (Dalet Olamot) absteigen: Azilut, Brija, Yezira und Assija. Dann ist die Entwicklung der Schöpfung mit der Erschaffung des Lichtes und des Gefäßes (Or we Kli) vollständig abgeschlossen und heißt Guf - Körper und Or – das Licht des Lebens darin.

 

4) Die Notwendigkeit der absteigenden Entwicklung des Verlangens zu Empfangen (Hishtalshelut ha Razon lekabel) durch die vier oben genannten Aspekte (Dalet Bchinot) der Welten ABYA (Azilut, Brija, Yezira und Assija) wird durch folgendes großes Gesetz der Gefäße (Kelim) verursacht, welches lautet: nur die Ausbreitung des Lichtes und sein Verschwinden (Hitpashtut we Histalkut ha Or) befähigt das Gefäß (Kli) zu seiner ihm eigenen Funktion als eigentliches Gefäß. Die Erklärung dazu ist: solange das Gefäß (Kli) von seinem Licht nicht getrennt sondern mit Licht gefüllt ist, wird es vom Licht mit einbezogen, dadurch annulliert und ist in der Tat nicht vorhanden; das Gefäß (Kli) verschwindet, so wie eine Kerze durch das Licht einer Fackel “ausgelöscht” wird.

Diese Annullierung resultiert aus der vollständigen und absoluten Gegensätzlichkeit zwischen Licht und Gefäß (Or we Kli). Denn das Licht kommt unmittelbar von Azmuto Itbarach, dem Schöpfer, als Existierendes aus dem Existierenden (Jesh mi Jesh). Und vom Standpunkt des Schöpfungsgedankens (Machshewet ha Brija) aus in Ejn Sof Itbarach (Welt der Unendlichkeit) ist das Licht voll und ganz Schenken/Geben und hat nicht die kleinste Spur des Verlangens zu Empfangen (Razon lekabel). Der absolute Gegensatz ist das Gefäß (Kli), es ist das große Verlangen, die genannte Lichtfülle (Shefa) zu empfangen, was jeder neuentstandenen Schöpfung zugrunde liegt und deren Wurzel (Shoresh) ist. Das Gefäß (Kli) hat nichts mit Schenken (Hashpa´a) zu tun.

Indem sie miteinander unzertrennlich verbunden sind, annulliert sich das Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) in dem in ihm enthaltenen Licht (Or). So kann das Gefäß (Kli) seine Form erst nach der Lichtaustreibung (Histalkut ha Or) bestimmen. Denn dann, nach dem Lichtausstoß, fängt das Gefäß (Kli) an, dieses Licht zu begehren. Diese Begierde bestimmt und setzt die gehörige Form des Verlangens zu Empfangen (Razon lekabel) fest. Nachdem das Licht (Or) zurückkommt und sich ins Gefäß (Kli) einkleidet, werden sie (Or we Kli) als zwei getrennte Objekte betrachtet: das Gefäß und das Licht (Kli we Or), beziehungsweise der Körper (Guf) und das Leben (Chajim).

 

5) Daher braucht man die vier Aspekte (Dalet Bchinot), die im Namen HaWaJaH einkodiert sind und Chochma, Bina, Tiferet, Malchut heißen. Bchina Alef (Aspekt 1), welche Chochma heißt, beinhaltet die ganze Essenz der Schöpfung, enthält in sich das Licht und das Gefäß (Or we Kli), das aus einem großen Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) besteht. Dieses Gefäß (Kli) enthält das gesamte Licht (Or), das Or Chochma (das Licht der Weisheit) oder Or Chaja (das Licht des Lebens) heißt, denn es ist das gesamte Licht des Lebens (Or ha Chajim) innerhalb des Geschöpfs, eingekleidet in sein Gefäß. Diese Bchina Alef (Aspekt 1) wird jedoch weiterhin lediglich als Licht (Or) bezeichnet, und das Gefäß (Kli) dieser Stufe existiert noch so gut wie nicht, denn es ist aufs engste mit dem Licht (Or) verbunden und verschwindet in ihm wie eine Kerze in einer Fackel.

Danach kommt Bchina Bet (Aspekt 2). Das geschieht, da das Gefäß Kli Chochma am Ende seiner Entwicklung die Übereinstimmung mit dem höheren Licht Or Elijon in ihm durch Hashwa’at ha Zura (Angleichung der Form) erreicht. Es bedeutet, dass im Gefäß Kli Chochma das Verlangen dem Schöpfer zu geben wach wird, analog der Natur des Lichtes in seinem Inneren, welche reines Geben ist. Als Antwort auf das Erwachen dieses Verlangens kommt vom Schöpfer ein neues Licht, das Or Chassadim (das Licht der Barmherzigkeit) heißt. Daher entledigte sich die Bchina Alef (Aspekt 1) fast vollständig des Lichtes Or Chochma, das vom Schöpfer geschenkt wurde. Denn dieses Licht Or Chochma kann nur in einem ihm passenden Gefäß (Kli) empfangen werden, das ist das Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) in seinem höchsten Grad. Deswegen unterscheiden sich das Licht und das Gefäß (Or we Kli) in Bchina Bet (Aspekt 2) völlig von denen in Bchina Alef (Aspekt 1). Denn das Gefäß (Kli) von Bchina Bet (Aspekt 2) ist das Verlangen zu Geben (Razon Lehashpia) und das Licht dieser Stufe wird als Or Chassadim definiert, das bedeutet das Licht resultiert aus der Kraft der Verschmelzung (Dwekut) der Schöpfung (Ne´ezal) mit dem Schöpfer (Ma´azil). Und die Angleichung der Form (Hashwa’at ha Zura) im Spirituellen ist die Verschmelzung (Dwekut).

Danach kommt Bchina Gimel (Aspekt 3). Nachdem das Licht innerhalb der Schöpfung (Ne´ezal) sich bis auf die Stufe Or Chassadim in der vollständigen Abwesenheit des Lichts Or Chochma verringerte (während wir bereits wissen, dass das Licht Or Chochma die Essenz und Hauptlebensenergie für die Schöpfung Ne´ezal ist), wurde Bchina Bet (Aspekt 2) am Ende ihrer Entwicklung wach. Sie empfand den Mangel an Or Chochma und zog eine gewisse Menge des Lichts Or Chochma an sich, um innerhalb des Lichts Or Chassadim in ihr zu scheinen. Dieses Aufwachen verursachte nun die erneute Anziehung einer gewissen Menge des Verlangens zu Empfangen (Razon lekabel). So ist ein neues Gefäß (Kli Chadash) geformt, das Bchina Gimel, beziehungsweise Tiferet heißt. Das Licht in dieser Bchina heißt Or Chassadim mit He´arat Chochma (He´ara = ein schwaches Leuchten), denn der größte Teil dieses Lichtes ist das Licht Or Chassadim und sein geringster Teil ist das Licht Or Chochma.

Danach kommt Bchina Dalet (Aspekt 4). Ebenso wurde das Gefäß (Kli) der Bchina Gimel (Aspekt 3) am Ende ihrer Entwicklungsphase wach und zog das Licht Or Chochma an sich, jedoch in der ganzen Fülle, wie es in Bchina Alef (Aspekt 1) war. Dieses erweckte Verlangen ist also das Ausmaß der Begierde nach Licht, wie sie Bchina Alef (Aspekt 1) innewohnte und mehr. Denn jetzt, nachdem das Licht Or Chochma einmal ausgetrieben war, weiß die Schöpfung exakt, wie schlecht es ohne Licht ist. Daher verlangt sie nach diesem Licht Or Chochma viel stärker als es in Bchina Alef war. Daher besteht das Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) in der ganzen Fülle. Denn die Ausbreitung (Hitpashtut) des Lichtes Or und dessen anschließendes Verschwinden (Histalkut) führen zur Erschaffung des Gefäßes (Kli). Wenn das Gefäß nun von neuem das Licht empfängt, gilt es primär in Bezug auf das Licht. Daher wird diese Bchina Dalet (Aspekt 4) als eine endgültige Phase in der Erschaffung eines Gefäßes (Kli) definiert. Sie heißt Malchut.

 

6) Die vier oben beschriebenen Aspekte (Dalet Bchinot) entsprechen den 10 Sfirot, aus denen jedes erschaffene Wesen (Niwra) besteht. Diese vier Bchinot (Aspekte) entsprechen den vier Welten ABYA, die das gesamte Universum (Klal) einschliessen, sowie allen Einzelheiten (Prat), die nur in der Realität existieren. Bchina Alef heißt Chochma oder die Welt Olam Azilut. Bchina Bet heißt Bina oder die Welt Olam Brija. Bchina Gimel heißt Tiferet oder die Welt Olam Yezira. Bchina Dalet heißt Malchut oder die Welt Olam Assija.

Jetzt wollen wir die Natur dieser vier Bchinot erläutern, die in jeder Seele (Neshama) existieren. Denn jede Seele (Neshama) kommt aus der Welt der Unendlichkeit - Ejn Sof Baruch Hu, steigt von dort in die Welt Olam Azilut herab, was den ersten Aspekt (Bchina Alef) der Seele darstellt. In der Welt Olam Azilut wird sie noch nicht Neshama (Seele) genannt, da dieser Name quasi auf eine gewisse Aussonderung aus dem Schöpfer (Ma´azil) hinweist, die zu ihrem Entstehen aus der Stufe Bchina Ejn Sof führte, das heißt aus dem Zustand der vollständigen Verschmelzung mit dem Schöpfer zu einer gewissen Unabhängigkeit. Jedoch ist das Gefäß in diesem beschriebenen Zustand noch nicht vollständig ausgeformt und daher trennt es bis jetzt auch noch nichts vom Wesen des Schöpfers. Jedoch ist es nicht so.

Bis die Seele (Neshama) die Form eines vollständigen Gefäßes Kli annimmt, kann sie auf keinen Fall vom Schöpfer Azmuto Itbarach abgesondert werden, bis sie geeignet und tauglich wird, einen eigenen Namen zu tragen. Und wie schon bekannt, heißt Bchina Alef noch gar nicht Kli, und hat sich selbst bezüglich des Lichts vollständig annulliert. Daher nennt man alles, was in der Welt Olam Azilut existiert, absolut Göttlich und das heißt: Huh we Shmo Echad - Er und Sein Name sind Eins. Sogar die Seelen (Neshamot) anderer Lebewesen, während sie die Welt Olam Azilut passieren, gelten als mit dem Schöpfer Azmuto Itbarach verschmolzen.

 

7) Die Welt Olam Brija wird schon von der obenbeschriebenen Bchina Bet (Aspekt 2) geregelt; das bedeutet, dass es das Gefäß des Verlangens zu Schenken (Kli de Razon Lehashpia) ist. Wenn also die Seele (Neshama) während ihrer Entwicklung in die Welt Olam Brija absteigt, erreicht sie diese Stufe des Gefäßes und wird nun Neshama genannt. Das bedeutet, dass sie vom Schöpfer (Azmuto Itbarach) bereits abgesondert und getrennt worden ist und einen gewissen Grad an Unabhängigkeit erreicht hat und nun ihres eigenen Namens würdig ist. Dieses Gefäß (Kli) ist jedoch einstweilen noch sehr sach (rein, dünn, durchsichtig), denn es ist den Eigenschaften nach dem Schöpfer noch sehr nah und ähnlich (Hashwa’at ha Zura le Ma´azil), und daher wird dieses Gefäß auch hier als vollständig spirituell betrachtet.

 

8) Die Welt Olam Yezira wird schon von der Bchina Gimel (Aspekt 3) geregelt, die ein bestimmtes geringes Maß des Verlangens zu Empfangen (Razon lekabel) enthält. Wenn die Seele (Neshama) daher während ihrer Entwicklung in die Welt Olam Yezira absteigt und diese Entwicklungsstufe des Gefäßes erreicht, verläßt sie den Zustand von Neshama und heißt nun Ruach. Dieses Gefäß (Kli) besitzt bereits ein geringes Maß von Awiut (Grobheit, Dicke), das heißt, ein wenig Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) in sich. Dennoch wird dieses Gefäß weiterhin als spirituell betrachtet, da das vorhandene Ausmaß von Awiut noch nicht ausreicht, um das Gefäß (Kli) in seinen Eigenschaften vom Wesen des Schöpfers Azmuto Itbarach vollständig zu trennen und mit dem Namen Guf (Körper) genannt zu werden, ganz und gar unabhängig vom Schöpfer.

 

9) In der Welt Olam Assija regiert schon die Bchina Dalet (Aspekt 4), die das Endstadium eines Gefäßes (Kli) bietet. Auf dieser Stufe erreicht das Verlangen zu Empfangen (Razon lekabel) den Höhepunkt seiner Entwicklung. Daher erreicht das Gefäß den Zustand eines Körpers (Guf), vollständig getrennt und ausgesondert vom Wesen des Schöpfers Azmuto Itbarach und in der Selbstverwaltung stehend. Das Licht (Or) in diesem Körper (Guf) heißt Nefesh. Diese Benennung weist auf ein Licht (Or) ohne eigene selbständige Bewegung hin. Und wisse, dass wirklich nicht die nichtigste Kleinigkeit im Universum existiert, die nicht aus eigenen ABYA (Azilut, Brija, Yezira und Assija) besteht.



[1] Talmud, Makkot 23,b

[2] Auf Hebräisch ähnelt das Wort “belohnen” (liskot) dem Wort “reinigen” (lesakot)

 

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